Provisorisch legal

Provisorisch legal

Über Abhängigkeit

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Egal ob Psychotherapie, bestimmte medizinische Behandlungen oder Angebote der Wohnungslosenhilfe: Oft sind diese Angebote an eine Bedingung geknüpft – dass die Person, die sie in Anspruch nehmen möchte, keine Drogen mehr konsumiert. Abstinenz wird zur Voraussetzung für jegliche Unterstützung und führt oft genug dazu, dass es schlussendlich keine Hilfe gibt. Dieses Primat der Abstinenz lässt außer Acht, dass die Abhängigkeit für den Menschen, der Hilfe sucht, oft nicht das Problem ist, das er lösen möchte, findet Bina. Sie arbeitet bei Vision e.V. Der Kölner Verein setzt sich für ein "selbstbestimmtes Leben mit Drogen ohne Vorleistungen (etwa den Willen zur Abstinenz oder angepasstes Verhalten, um gesellschaftliches Wohlwollen zu erreichen)" ein.
Der Verein unterstützt drogengebrauchende und wohnungslose Menschen in unterschiedlichen Bereichen: Er berät, vermittelt und bietet verschiedene medizinische Behandlungen an. Es gibt jeden Tag ein warmes Mittagessen, Streetwork, saubere Spritzutensilien.
Bina kam zuerst als Gast zum Verein – bis sie schließlich selbst dort arbeitete.
In dieser Folge hört ihr ihre Lebensgeschichte und wie sie und der Geschäftsführer von Vision David auf "Abhängigkeit" blicken.

Ein Stoff nimmt Fahrt auf

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Zum Ende der 1930er Jahre galt es als Wundermittel bei jeglicher Indikation: Pervitin. Es kam in der Geburtsmedizin zum Einsatz, wurde zur Leistungssteigerung, aber auch bei Depressionen verschrieben und war in Deutschland nach seiner Patentierung 1937 zunächst in der Apotheke frei verkäuflich.
Heute ist der Hauptwirkstoff der Pervitintabletten den meisten sehr viel besser bekannt als Methamphetamin. Es unterdrückt Müdigkeit, Hunger und Schmerz, steigert die Leistungsfähigkeit und das Selbstbewusstsein und drückt das Risikoempfinden. Es flutet noch schneller an als Amphetamin und sorgt für ein intensiveres Rauschgefühl.
Die Eigenschaften der Pervitintabletten machten sie insbesondere für die Nationalsozialisten interessant: So fand die Substanz schnell ihren Weg in die Wehrmacht.

In der Folge ist Tilman Holzer zu Gast. In seiner Doktorarbeit "Die Geburt der Drogenpolitik aus dem Geist der Rassenhygiene" hat er unter anderem die Rolle von Pervitin im Zweiten Weltkrieg und für die Zivilbevölkerung im nationalsozialistischen Deutschland untersucht.

Quo vadis, Drogenpolitik?

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Die Cannabis-Legalisierung wurde groß angekündigt, doch übrig geblieben ist von den großen Plänen ein Minimum: Fürs Erste soll Cannabis nur in einigen Modellregionen legal erhältlich sein. Zweifel an einer umfassenden Legalisierung kamen nicht nur von oppositionellen Parteien, sondern auch aus Nachbarstaaten wie Frankreich. Eine einheitliche Drogenpolitik gibt es schließlich in Europa nicht – im Gegenteil. Zuweilen liegen die Vorstellungen weit auseinander, von extrem restriktiv bis liberal. Das erschwert Legalisierungsvorhaben und einen legalen Warentransport erheblich. Zu Gast ist Maximilian Funke. Er ist Politikwissenschaftler und untersucht, welches Amt und welches Ministerium in den unterschiedlichen Ländern für die Drogenpolitik zuständig sind und ob es einen Unterschied macht, von welcher Partei sie jeweils besetzt werden.
Dabei werfen wir insbesondere ein Blick auf Deutschland und schauen uns an, wie es um die Cannabis-Legalisierung steht und wie es hätte anders aussehen können.

Keine richtige Therapie im Falschen?

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Der Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno sagte über Freud, dass er der einzig wahre Psychologe gewesen sei. Sicher ist jedenfalls, dass er der erste war, der die Seele aus naturwissenschaftlicher Perspektive ergründet hat und dass Psychologie auch heute noch auf den Erkenntnissen Freuds fußt. Ihre Zwecke und Ziele, die Gesellschaft und auch Therapieformen haben sich allerdings seit Freud stark verändert. In dieser Folge gehen wir zurück zu den Anfängen, klären die Grundannahmen Freuds, was seine Forschung uns heute noch sagen kann und was Gast Stefan Hain über die meiste Psychologie heute denkt.

Stefan Hain hat Psychologie in Frankfurt a.M. und Berlin studiert und arbeitet in der Suchthilfe. Für die Platypus Review schreibt er regelmäßig Artikel über marxistische Fragestellungen. In der Folge erwähnen wir "Psychoanalyse und Marxismus".

"The weight lifts a bit"

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Amanda ist 50 Jahre alt und seit etwa 20 Jahren alkoholabhängig. Alkohol war stets ihr Ventil, um mit unverarbeiteten Traumata, Angststörungen und immer wiederkehrenden Depressionen umzugehen. Nur wenn sie trank, funktionierte sie überhaupt. Unzählige Klinikaufenthalte und Therapieversuche konnten ihr in den vergangenen Jahren nicht helfen. Seit April 2022 ist sie im Schmerzzentrum von Livia Granata in Zürich in Behandlung. Dort bekommt sie Psilocybin vor allem gegen die Alkoholabhängigkeit – und ist seit ihrer ersten Session abstinent.

Ich habe Amanda zusammen mit ihrem Mann Tim und Dr. Livia Granata Anfang Dezember 2022 im Schmerzzentrum getroffen. Seit etwa einem Jahr kann Livia Granata dort Psychedelika an Schmerzpatienten abgeben, aber auch an Menschen mit Alkoholabhängigkeit. In dieser Folge hört ihr Amandas Geschichte und was sich seit der Therapie mit Psilocybin für sie verändert hat.

Der Tyrann im Kopf

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Seit zehn Jahren leidet Barbara an Migräne und Cluster-Kopfschmerzen. Letzteres wurde erst nach sechs Jahren diagnostiziert, denn die Krankheit ist selten und wird oft erst spät erkannt. Die klassischen Therapien haben bei ihr kaum angeschlagen. Im Sommer 2022 hat sie es schließlich im Schmerzzentrum von Livia Granata in Zürich mit LSD- und Psilocybin-Sessions probiert.
Denn in der Schweiz ist es unter bestimmten Bedingungen bereits möglich, Psychedelika an Schmerzpatient*innen abzugeben. Livia Granata hat in den letzten 14 Monaten bereits rund 20 Patient*innen damit behandelt. In ihr Zentrum kommen Menschen mit verschiedenen chronischen Schmerzen, aber auch mit Depression oder Alkoholabhängigkeit.

In dieser Folge erfahrt ihr, was Cluster-Kopfschmerzen eigentlich sind, warum Psychedelika dagegen helfen könnten, wie die Behandlung mit Psilocybin aussieht und was sich für Barbara seitdem verändert hat.

Fühlen mit Geländer

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

In dieser und in den kommenden zwei Folgen geht es um Psychedelika und ihren Einsatz in verschiedenen Therapiekontexten. Zunächst beschäftigen wir uns mit den Grundlagen im Gehirn: Wie entstehen Emotionen? Was bedeutet Emotionsregulation? Erst wenn wir diese Fragen klären, können wir verstehen, wo Psychedelika ansetzen und warum sie zum Beispiel in der Psychotherapie eingesetzt werden können.

Zu Gast ist Uwe Herwig. Er ist Medizinischer Direktor am Zentrum für Psychiatrie am Krankenhaus Reichenau und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychedelische Forschung und Therapie e.V. Zuvor war er jahrelang Chefarzt an der Psychiatrischen Klinik in Zürich, wo er die Arbeitsgruppe Emotionsregulation gründete.

Sommerfrische

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Über ein Jahr lang gibt es nun Provisorisch legal und ich habe dabei geweint, gelacht, bin verzweifelt und habe zwischendurch Luftsprünge gemacht. All das muss ich jetzt ein wenig ordnen und sortieren. Ein kleiner Ausblick.

Fall und Flug

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

80 Prozent der weltweiten Opiumproduktion kommt aus Afghanistan – das Land ist auf den Anbau von Schlafmohn angewiesen. Im April hat die Regierung der Taliban diesen aber verboten. Das könnte vor allem diplomatische Gründe haben, sagt Katja Mielke. Sie ist Sozialwissenschaftlerin am Bonn International Centre for Conflict Studies. Mit ihr sprechen wir über die Organisation der Taliban, ihre erste und zweite Regierung in Afghanistan, das Land und warum viele der Bauen auf den Anbau von Schlafmohn angewiesen sind.

Das Buch "Die Taliban" von Katja Mielke und Conrad Schetter findet ihr [hier](https://www.beck-shop.de/schetter-mielke-taliban/product/33415854).

Turn on, tune in, keep on working

Audio herunterladen: MP3 | AAC | OGG | OPUS

Timothy Leary träumte in den 60er und 70er Jahren noch davon, sich mithilfe von LSD aus der bürgerlichen Arbeitswelt zu befreien. Die Substanz sollte als Katalysator der Gegenkultur fungieren. Doch die Hoffnungen der 68er erfüllten sich nicht. Die andere Welt stellte sich nicht ein. Auch andere Bewegungen wie später die Techno-Szene konnte sich nicht als Gegenkultur zur bürgerlichen Arbeitswelt etablieren. Im Gegenteil: Konsum und Feierei dient vielmehr als Ausgleich und somit auch als notwendiger Bestandteil der kapitalistischen Ordnung. In dieser Folge gehen wir zusammen mit Robert Feustel diesen Entwicklungen nach und schauen uns an, wie sich das auf die Rezeption von Rauscherfahrungen auswirkt.

Robert Feustel ist Doktor am Insitut für Soziologie an der Universität Jena und Herausgeber des "Handbuch der Drogen in sozial- und kulturwissenschaftlicher Perspektive".

Über diesen Podcast

Der Podcast über Drogen und alles was damit zu tun hat: Substanzforschung, Geschichte, Substitution, Rausch, Abhängigkeit, Legalisierung. Einmal im Monat erzählt ein Gast neuen Input aus der Welt der bewusstseinserweiternden Substanzen.

Ihr könnt Provisorisch legal per Email erreichen:
provisorischlegal@gmail.com

von und mit Lidia Polito

Abonnieren

Follow us